Wasserläufer tun es, einige Wasserspinnen und auch Feuerameisen: Sie alle laufen über das Wasser ohne einzusinken. Ihre verlängerten Beine besitzen an den Füßen wasserabweisenden Härchen oder Schuppen, die ein Durchbrechen der Wasseroberfläche verhindern. Bei den Wasserläufern jedoch kommt noch etwas dazu: Drohen ein Fisch oder eine Wasserwanze sie zu fressen, vollführen diese Insekten fast senkrechte Sprünge. Sie katapultieren sich dabei mit erstaunlichem Tempo von der Wasseroberfläche in die Höhe und außer Gefahr.
“Auch Affen fallen mal vom Baum”
Aber wie schaffen die Wasserläufer dies, ohne dass sie ins Wasser einsinken? Denn die Oberflächenspannung des Wassers kann nur einer bestimmten Kraft pro Fläche standhalten. Wird der Druck zu hoch, reiß das Häutchen und der Fuß des Insekts sinkt ein. Ob dieses Missgeschick auch den Wasserläufern in der Panik des Flüchtens ab und an passiert, war bisher unbekannt. Immerhin sagt ein asiatisches Sprichwort: Selbst Affen fallen ab und zu vom Baum.
Wie gut die Wasserläufer wirklich sind, haben nun Eunjin Yang von der National Universität Seoul und seine Kollegen getestet. Mit Hilfe von Highspeed-Aufnahmen zeichneten sie die Fluchtsprünge von Wasserläufern auf und ermittelten die dabei wirkenden Kräfte und den Effekt der Insektenbewegungen über ein mathematisches Modell.
Immer genau unter dem kritischen Wert
Dabei zeigte sich: Die Wasserläufer sind wahre Meister des dosierten Absprungs. Typischerweise bildet sich beim Absprung eine tiefe Delle im Oberflächenhäutchen. Je stärker der Wasserläufer sich abdrückt und je schwerer er ist, umso tiefer wird diese Delle – bis sie im Extremfall reißt. Doch genau das passierte nie. Bei allen Sprüngen der Insekten lag die von ihren Füßen ausgeübte Kraft präzise unter dem Grenzwert, ab dem das Häutchen reißen würde.
“Die Wasserläufer verhielten sich so, als ob sie wüssten, wann die Wasseroberfläche nachgibt”, erklären die Forscher. Um dies zu verhindern, drehten und neigten die Insekten ihre Füße im Sprung gerade so weit, dass die Auflagefläche größer wurde und damit die Kraftwirkung geringer. Für ihre Fluchtsprünge finde die Wasserläufer dabei den perfekten Kompromiss zwischen möglichst großer Sprungkraft und -weite und der Tragfähigkeit der Wasseroberfläche.
Ob die Wasserläufer diese erstaunliche Fähigkeit instinktiv besitzen, ober ob Jungtiere die richtige Balance zwischen Abdruckkraft und Beinstellung erst noch finden müssen, ist bisher unbekannt. Der Einblick in die Sprungtechnik dieser Insekten offenbart aber, dass die Natur selbst komplexe physikalische Probleme scheinbar mühelos zu lösen vermag – ein echtes Wunder der Natur.
Quelle: Seoul National University, Fachartikel: Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms13698