Elektroautos sind im Kommen, haben aber noch ihre Kinderkrankheiten. So ist die Reichweite vieler Modelle noch begrenzt und die Anschaffungskosten können hoch sein. Zudem stellt sich die Frage, ob es ein reines Elektroauto sein soll, oder ob es vielleicht doch günstiger ist, sich für ein Hybridfahrzeug zu entscheiden. Möglich wäre auch, sich gar kein eigenes Elektroauto anzuschaffen, sondern lieber den Service und die Elektrofahrzeuge von Carsharing-Diensten zu nutzen.
App als Entscheidungshelfer
Welche Alternative für einen Autofahrer am günstigsten ist, hängt unter anderem von eigenen Fahrverhalten und der typischen Nutzung eines Autos ab: Benötige ich es nur gelegentlich in der Stadt? Oder lege ich damit regelmäßig längere Strecken zurück? Wieviel Benzin und Kilometer verfahre ich? Um diese Fragen zu klären, haben Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum jetzt eine neue App entwickelt.
„Die App soll Interessenten, aber auch Skeptiker darüber informieren, ob ein Elektroauto oder ein Hybridfahrzeug für sie funktionieren würde“, sagt der Projektverantwortliche Philip Dost. „Außerdem können Leute damit herausfinden, ob ein E-Car-Sharing-Angebot in ihrer Umgebung für ihre Bedürfnisse ausreichend wäre.“
Strecken und Anforderungen aufgezeichnet
Und so funktioniert es: Mit der Smartphone-App können Autobesitzer typische Strecken aufzeichnen, während sie zum Beispiel mit ihrem Benziner unterwegs sind. Dafür starten sie das Programm, wenn sie losfahren, und stoppen es, wenn sie angekommen sind. Die App zeichnet während der Fahrt GPS-Daten und Beschleunigung auf. Aus allen Streckenaufzeichnungen können die Anwender dann auswählen, welche Fahrten in die Analyse einfließen sollen. Ob beispielsweise nur der typische Weg zur Arbeit, aber nicht der Familienausflug am Wochenende. Die Anwender können auch angeben, an welchen Stellen auf der Strecke Ladesäulen verfügbar sind.
Die App schätzt auch Verbrauchskosten im Vergleich zum aktuellen Fahrzeug. Dazu können Nutzer Strom- und Benzinpreis eingeben sowie den Verbrauch ihres derzeitigen Autos. Basierend darauf berechnet die App, wie viel mehr oder weniger Kosten man auf den untersuchten Strecken mit einem Elektroauto erzielt hätte. Auch andere Anforderungen, etwa die zu befördernde Personenzahl oder den Platz im Kofferraum, lassen sich spezifizieren.
Vorschläge geeigneter Fahrzeugmodelle
Aus den gesammelten Daten generiert das Programm eine Liste von Fahrzeugmodellen, die die Anforderungen des Fahrers erfüllen würden, zum Beispiel eine ausreichende Reichweite hätten. Die Liste enthält nicht nur reine Elektrofahrzeuge, sondern auch Plug-in-Hybride und Range Extender, die bei leerer Batterie auf Benzinantrieb umschalten. Die Liste lässt sich zudem nach unterschiedlichen Kriterien, etwa laufenden Verbrauchskosten oder Kaufpreis, sortieren.
Zu jedem infrage kommenden Fahrzeugmodell zeigt die App auf Wunsch Statistiken an. Eine Grafik visualisiert zum Beispiel, wie der Energieverbrauch auf den gefahrenen Strecken mit dem ausgewählten Elektrofahrzeug gewesen wäre. So kann der Nutzer sehen, wie viel Puffer er gehabt hätte, bevor die Batterie zuneige gegangen wäre.
Das Programm greift dafür auf eine Datenbank am Bochumer Institut für Energiesystemtechnik und Leistungsmechatronik zu. Diese aktualisieren die Forscher regelmäßig, fügen etwa neu auf den Markt kommende Fahrzeuge hinzu oder entfernen nicht mehr verfügbare Modelle. „Fahrzeuge, die nicht mehr produziert werden, zeigen wir in der App immer noch an, wenn sie noch gebraucht zu kaufen sind“, erklärt Dost. „Sie werden dann aber speziell markiert.“
Als App oder kostenloses Webtool
Erhältlich ist die mehrsprachige App für das Smartphone-Betriebssystem Android als Download unter elektromobilitaet.rub.de. Eine Version mit eingeschränktem Informationsgehalt ist kostenlos erhältlich, die Vollversion zum Preis von 1,50 Euro.
Wer kein Android-Smartphone oder kein Auto besitzt, kann den Bochumer Service in vereinfachter Form auch auf einer Webseite nutzen. Dort können Interessenten Daten von typischen Fahrten eingeben und sich eine ähnliche Ausgabe wie in der App anzeigen lassen. Die von Rania Kontopoulou im Rahmen eines Institutsprojekts programmierte Web-Anwendung steht ebenfalls kostenlos unter elektromobilitaet.rub.de bereit.
Quelle: Ruhr-Universität Bochum