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Weltwassertag 2017: Abwasser als Ressource

UN: Abwasser ist mehr als nur ein Abfallstoff, es muss besser genutzt werden

Weltwassertag 2017: Abwasser als Ressource
Weltwassertag 2017
Im Fokus des Weltwassertages 2017 steht die Ressource Abwasser (Grafik: UN)
Hier in Deutschland sehen wir sauberes Wasser oft als selbstverständlich an. Doch selbst bei uns verunreinigen Chemikalien, Mikroplastik und Düngemittel die Trinkwasserreserven. Beim diesjährigen UN Weltwassertag steht das Abwasser als Problem und Ressource zugleich im Mittelpunkt.

Seit 1993 steht jährlich am 22. März das Wasser im Mittelpunkt – beim World Water Day der UN. Ohne diese wertvolle Ressource gäbe es kein Leben auf der Erde und auch keine menschliche Zivilisation. Doch trotz aller Fortschritte ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser bis heute nicht für alle Menschen selbstverständlich – und auch die Reinigung des Abwassers ist längst nicht überall Standard.

Unter anderem deshalb steht der diesjährige Weltwassertag unter dem Motto: „Why Waste Water?“. Die UN möchte damit zum einen auf das Problem des immer reichlicher anfallenden Abwassers hinweisen, aber auch betonen, dass Abwasser eine nutzbare Ressource sein kann – wenn man es richtig angeht. „Abwasser ist eine wertvolle Ressource in einer Welt, in der das Wasser endlich ist und der Bedarf an Trinkwasser wächst“, betont Guy Ryder, Vorsitzender der UN-Wasserkommission.

Verseucht in den Entwicklungsländern…

Eines der Probleme dabei: In vielen Entwicklungsländern verseucht ungereinigtes Abwasser die Trinkwasserreserven. „Im Durchschnitt werden dort nur rund acht Prozent der Haushalts- und Industrieabwässer gereinigt, verglichen mit rund 70 Prozent in reichen Ländern“, berichtet die UNESCO. Als Folge sind Seen, Bäche oder Flüsse vielerorts nicht nur durch Fäkalien verseucht, sondern auch durch Chemikalien und Schwermetalle wie Arsen, Zyanid, Blei oder Pestizide. Schadstoffe aus der Landwirtschaft, ungeklärte Industrieabfälle und Abfallprodukte der Rohstoffgewinnung kommen hinzu.

„Das Abwasser ist eine der größten Herausforderungen in Verbindung mit dem ungeregelten Wachstum der Slums in der Dritten Welt“, heißt es im UN-Bericht zum Weltwassertag. Eine Stadt wie Lagos in Nigeria erzeugt täglich 1,5 Millionen Kubikmeter Abwasser – und der Großteil davon fließt ungeklärt in die Lagune vor der Stadt. Fast ein Drittel aller Flüsse in Mittelamerika, Asien und Afrika sind mit Krankheitserregern verseucht. Weltweit starben allein im Jahr 2012 nach Schätzungen der UN mehr als 800.000 Menschen durch verseuchtes Wasser.

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…und mit Nitrat und Mikroplastik verschmutzt bei uns

Doch auch in den Industrieländern liegt einiges im Argen – auch und gerade hier in Deutschland. Erst vor Kurzem hat die EU-Kommission Deutschland wegen anhaltenden Verstoßes gegen die Nitrat-Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt.

Denn seit Jahren werden in Deutschland die Nitratgrenzwerte in Gewässern überschritten, weil vor allem die Landwirtschaft ständig große Mengen von Gülle und Dünger auf den Feldern ausbringt. Da weder Pflanzen noch Böden diese Stickstoffschwemme ausgleichen könne, reichert sich das Nitrat in vielen deutschen Gewässern und im Grundwasser an.

Ein weiteres Problem vor allem der Industrieländer ist das Mikroplastik im Abwasser: „Jedes Jahr gelangen weltweit über drei Millionen Tonnen Mikroplastik-Partikel ins Meer. Sie stammen hauptsächlich aus synthetischen Textilien und dem Abrieb von Autoreifen“, erklärt Meeresschutzexpertin Nadja Ziebarth von der Umweltschutzorganisation BUND. „Obwohl die Abwasserbehandlung in Deutschland auf einem hohen Stand ist, können Kläranlagen Mikroplastik nicht vollständig aus dem Wasser entfernen. Und jene Mengen, die im Klärwerk herausgefiltert werden, landen dann als Klärschlamm auf und in den Böden.“

Abwasser als Ressource

„Jeder kann seinen Teil dazu beitragen, das Entwicklungsziel einer Halbierung ungereinigten Abwasser bis 2030 zu erreichen“, betont UNESCO Generaldirektorin Irina Bokova. „Es geht um sorgfältiges Management und um Recycling des Wassers, das durch unsere Haushalte, Fabriken, Bauernhöfe und Städte fließt.“

Gerade in trocken Regionen der Erde kann die Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser den Druck auf die Ressource Wasser verringern. Dafür geeignete Methoden zu entwickeln, ist unter anderem das Ziel des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) und der TU Darmstadt: So gibt es zum Beispiel in Namibia zwar Abwasser-Sammelsysteme, bei denen sich die Feststoffe am Grund der Sammelbecken absetzen. Das Wasser ist jedoch aufgrund hygienischer Bedenken nicht ohne Weiteres für die landwirtschaftliche Bewässerung nutzbar.

Gelingt es aber, diese Verfahren durch einfache Behandlungsschritte zu erweitern, etwa durch eine gezielte Trennung von Schlamm und Wasser, könnte man für die Landwirtschaft geeignetes Wasser erhalten. „Damit ist eine Blaupause geschaffen, die in vielen Gegenden des südlichen Afrikas angewendet werden kann“, sagt Martin Zimmermann, Wasserforscher am ISOE.

Wärme und Energie aus Abwasser

Wie ein sinnvolles Recycling des Abwassers hier bei uns aussehen kann, daran forschen unter anderem Wasser-Experten am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Abwasser ist kein Abfall. Es enthält thermische Energie, chemische Energie in Form von Kohlenstoffverbindungen und wertvolle Pflanzennährstoffe“, sagt Helmut Lehn vom KIT. Die Abwärme häuslichen Abwassers könne zum Beispiel mittels Wärmetauschern verwertet werden. „Noch effektiver ist es, das warme Abwasser aus Waschmaschine und Bad direkt im Haus zu nutzen, um etwa frisches Wasser zum Duschen vorzuwärmen“, ergänzt Witold Poganietz vom KIT.

Eine weitere Maßnahme ist die Trennung der Abwasserströme aus Toilette von denen in Bad und Küche. Würden Exkremente separat und unverdünnt abtransportiert – zum Beispiel durch Vakuumtoiletten wie im Flugzeug oder ICE – ließen sich aus einem Liter Abwasser drei Liter Biogas gewinnen, erklärt Lehn. Ein Trennsystem, das sowohl Energie als auch Nährstoffe aus dem Abwasser mehrerer tausend Einwohner gewinnt, erprobt zurzeit die Stadt Hamburg in einem Neubaugebiet.

Quellen: UNESCO, BUND, ISOE, KIT

© natur.de – Nadja Podbregar
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