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Wie Pilze auf den Klimawandel reagieren

Studie zur Pilz-Zeit

Wie Pilze auf den Klimawandel reagieren
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Der auch als Speisepilz beliebte Lärchenschneckling (Hygrophorus speciosus Peck) verschwand fast vollständig nach experimenteller Erwärmung. (Foto: Gianfelice Lucchini, Gentilino, TI)
Wenn es Pilzen warm wird… Durch eine experimentelle Langzeitstudie haben Schweizer Forscher aufgezeigt, wie sich die Zusammensetzung dieser wichtigen Bodenorganismen durch den Klimawandel verändern könnte.

Den Ergebnissen von Frank Hagedorn von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und seinen Kollegen zufolge werden die steigenden Bodentemperaturen letztlich einige Pilzarten verdrängen – andere hingegen fördern. Vor allem an bisher kühlen Standorten wird dies die Nährstoffkreisläufe verändern und somit möglicherweise weitere Folgen für die Ökosysteme haben, sagen die Forscher.

Was man umgangssprachlich als Pilze bezeichnet, sind eigentlich nur die Fruchtkörper von Organismen, die aus einem feinen Geflecht bestehen, das den Waldboden durchwächst. Viele Arten stehen dabei in einer engen Austauschbeziehung mit Bäumen: Sie bilden mit deren Wurzeln eine sogenannte Mykorrhiza-Symbiose aus. Klar ist: Pilze besitzen eine enorme Bedeutung für die Stoffkreisläufe in Ökosystemen. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie sie auf die große Herausforderung reagieren, der sich die Natur wohl stellen muss: auf den Klimawandel. Denn verändern sich die Temperaturen, wird es auch im Boden wärmer – mit Folgen für die Pilzgemeinschaften.

Forscher heizen die Heimat der Pilze

Was das genau für diese Lebewesen bedeutet, haben die Forscher in einem sechsjährigen Experiment am Stillberg in Davos untersucht. Sie erwärmten dazu den Boden unter Lärchen- und Bergföhrenwäldern im Bereich der Waldgrenze: Sie legten Heizkabel auf der Bodenoberfläche von insgesamt 20 Testflächen aus und erwärmten so die oberste organische Bodenschicht um zusätzliche vier Grad Celsius. Dies entspricht einer Temperaturzunahme im Boden dieser Region, wie sie Prognosen zufolge bis zum Jahr 2070 eintreten könnte.

Genetische Untersuchungen von Bodenproben und der Fruchtkörper der Pilze zeigten, dass sich die Artenzusammensetzung der Pilze durch die Erwärmung deutlich veränderte. Eine Pilzart, der Orangegelbe Lärchenschneckling ( Hygrophorus speciosus Peck), verschwand beispielsweise fast vollständig. Andere Arten wie der Rotbraune Milchling ( Lactarius rufus) und der Weissmilchende Helmling ( Mycena galopus) profitierten hingegen von der Erwärmung und breiteten sich aus, berichten die Forscher.

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Nicht allen schmeckt mehr Stickstoff

Ihnen zufolge ist offenbar weniger die Erwärmung selbst der Grund für die Veränderungen, sondern eine erhöhte Verfügbarkeit von Stickstoff. Wie sie zeigen konnten, werden durch die höheren Temperaturen die Mikroorganismen im Boden aktiver und zersetzten somit mehr Humus. Letztlich wurde dadurch doppelt so viel Stickstoff auf den Versuchsparzellen verfügbar wie auf Kontrollflächen ohne Erwärmung. Stickstoffliebende Pilze wie etwa der Rotbraune Milchling konnten davon profitieren und sich stark vermehren – auf Kosten anderer Arten, erklären die Wissenschaftler. Mit der Erwärmung trocknen zudem die Böden aus. Den Pflanzen, aber auch den Pilzen und Bodenorganismen steht somit zwar mehr Stickstoff zur Verfügung, aber weniger Wasser. Dies verändert die Wechselwirkungen zwischen den Bäumen, den Pilzen sowie dem Boden zusätzlich.

Mit Veränderungen durch ihre experimentelle Temperaturerhöhung haben die Forscher durchaus gerechnet – überrascht hat sie allerdings die Geschwindigkeit: „Dass eine Erwärmung so deutlich und in relativ kurzer Zeit die Pilzgemeinschaft verändert, haben wir nicht erwartet“, sagt Frank Hagedorn. „Die Ergebnisse belegen, dass Pilze sehr empfindlich auf Umweltveränderungen reagieren“, so der Geoökologe. Dieses Ergebnis warnt somit erneut vor den Folgen des Klimawandels: Ein weiteres Ansteigen der Temperaturen im Rahmen des Klimawandels könnte die Prozesse und Nährstoffkreisläufe im Boden in kritischer Weise verändern.

Quelle: Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL)

© natur.de – Martin Vieweg
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