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Windkraft: Europa muss stärker kooperieren

Mehr Windanlagen im Süden könnten Wetterschwankungen ausgleichen

Windkraft: Europa muss stärker kooperieren
Windkraft
Bisher konzentrieren sich die Windanlagen vor allem rund um die Nord- und Ostsee (Foto: Benoit Grasser/ Fotolia)
Strom aus Windkraft gilt als stark schwankend und daher schwer zu kalkulieren. Doch das müsste nicht so sein: Würden die Länder Europas besser zusammenarbeiten und den Ausbau der Windkraft stärker koordinieren, könnten viele Schwankungen ausgeglichen werden, wie nun eine Studie zeigt.

Der Ausbau erneuerbarer Energien bringt für die Stromnetze große Herausforderungen. Denn Sonneneinstrahlung und Wind schwanken und mit ihnen auch die Einspeisung von Strom ins Netz. Als Folge kommt es an wind- und sonnenreichen Tagen oft zu einem Überangebot im europäischen Netz, an anderen dagegen herrscht eher Mangel.

Doch nun zeigt eine neue Studie, dass dies keineswegs nur am Wetter liegt. Viele Netzschwankungen könnten vermieden werden, wenn die europäischen Länder und Stromerzeuger stärker zusammenarbeiten würden. Für ihre Untersuchung haben Daten über großräumige Wetterverhältnisse der vergangenen 30 Jahre mit Wind- und Solarstromproduktionsdaten verglichen. Auf dieser Basis modellierten sie unter anderem, wie sich die Windstromproduktion in Bezug auf sieben in Europa vorherrschende Großwetterlagen verhält und zukünftig ändern wird.

Großwetterlagen: Irgendwo ist immer Wind

Das Wetter in Europa wird von charakteristischen Großwetterlagen bestimmt. Einige Regime sind von Tiefdruckgebieten über dem Atlantik geprägt, die starken Wind in Westeuropa verursachen, gleichzeitig aber mit ruhigeren Verhältnissen weiter östlich einhergehen. Während anderer Wetterlagen ist das Wetter dagegen in Westeuropa ruhiger, zur gleichen Zeit herrscht jedoch stärkerer Wind in Südeuropa und Nordskandinavien.

„Es gibt kaum eine Wettersituation, in der auf dem ganzen Kontinent gar kein Wind weht und damit ganz Europa gar kein Potential für Windenergie hätte“, erklärt Christian Grams von der ETH Zürich. Das bedeutet: Würde man die Windparks so über Europa verteilen, dass immer irgendwo Windstrom produziert wird, ließen sich extreme Schwankungen im Stromnetz vermeiden. Man könnte das Niveau der Fluktuationen auf dem heutigen Niveau von rund 20 Gigawatt stabilisieren, so die Forscher.

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Jeder plant für sich

Das Problem dabei: Eine solche europaübergreifende Zusammenarbeit oder gar Planung gibt es bislang nicht. Die Windparks sind heute einseitig verteilt, vor allem in Ländern um die Nordsee. Herrscht über der Nordsee während einiger Tage oder gar Wochen wegen eines stabilen Hochdruckgebiets Flaute, wie im Winter 2016/17, sackt die gesamteuropäische Windenergieproduktion dadurch drastisch ab.

In Zukunft könnte dies noch verschärft werden, weil die Länder meist ihren eigenen Strategien für den weiteren Ausbau der Windkraft folgen. Die Differenz zwischen hoher Produktion bei günstigen Windverhältnissen und tiefer Produktion bei Flaute könnte bei besonders ungünstigen Verhältnissen sogar bis zu 100 Gigawatt erreichen, wie die Wissenschaftler ermittelten. Dies entspricht in etwa der Kapazität von 100 Atomkraftwerken, die innerhalb weniger Tage zusätzlich bereitgestellt respektive gedrosselt werden müssten.

Koordinierter Ausbau statt Alleingänge

Doch dieses Problem ist vermeidbar, wie die Forscher betonnen. Dafür müssten die Länder einfach nur stärker zusammenarbeiten und auch den Ausbau der Kapazitäten in den Regionen Europas fördern, wo Windkraft derzeit kaum genutzt wird. In Frage kommen etwa der Balkan, Griechenland, der westliche Mittelmeerraum und Nordskandinavien. An diesen Standorten weht der Wind dann genügend stark, wenn im Nordseeraum ein Hochdruckgebiet für Windstille sorgt. Umgekehrt kann ein stabiles Hochdruckgebiet über dem Mittelmeer die Windstromproduktion dort zum Erliegen bringen, dafür produzieren dann die Windparks im Nordseeraum genügend Strom.

„Deshalb könnte Windstromkapazität in Ländern wie Griechenland oder Bulgarien als wertvoller Ausgleich im gegenwärtigen europäischen Windpark dienen“, erklärt Iain Staffell vom Imperial College London. „Das erfordert allerdings einen Paradigmenwechsel in den Planungsstrategien der Länder, in denen Windkraft Potenzial hat.“ Gleichzeitig müsste für ein solches gesamteuropäisches System auch das Stromnetz besser ausgebaut werden.

Die Forscher hoffen nun, dass Energieproduzenten und Netzbetreiber, aber auch Regierungen und Politiker, von diesen neuen Erkenntnissen Wind bekommen und die Planung und den Netzausbau europaweit besser koordinieren.

Quelle: ETH Zürich, Fachartikel: Nature Climate Change, doi: 10.1038/nclimate3338

© natur.de – Nadja Podbregar
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